Fragen und Antworten zu agilen Methoden
Wie agil ist dein Unternehmen?
Agilität, ein Buzzword, das bestimmt auch in Ihrem Unternehmen schon eine Weile die Runde macht. Fast alle reden darüber, aber viele sind sich nicht immer schlüssig, was genau eigentlich dahintersteckt. Zu Recht, denn der Kontext, in dem das Wort fällt, ist wichtig für das Gesamtverständnis. In der Masse der unterschiedlichen Konzepte zu agilen Arbeitsmethoden kann man schon mal durcheinanderkommen.
Damit Agilität in Ihrem Unternehmen also nicht nur ein Hype, sondern zur Haltung wird, sollten ihre Mitarbeiter die Bedeutung, den Ablauf und die Methoden agilen Arbeitens kennen. Wir haben deshalb die häufigsten Fragen gesammelt und beantwortet. Vielleicht ist ja etwas dabei, das auch Sie noch nicht über Agilität wussten.
Was ist agiles Arbeiten? Was versteht man unter dem Begriff?
Agiles Zusammenarbeiten im Unternehmen rückt die Teamarbeit in den Vordergrund. Die klassischen Rollenverteilungen vom Management, das die Verantwortung trägt und dem Mitarbeiter, der handelt, werden aufgehoben. Das Motto lautet jetzt: „Work smarter, not harder“, denn beim agilen Arbeiten übernimmt immer ein Team gemeinsam die Verantwortung für die Entscheidungen, die gefällt werden. Die Führungsebene trägt dabei die Aufgabe, das Team zu unterstützen und zu stärken.
Begriffserklärung
Auf welchen Prinzipien basiert agiles Arbeiten?
- Der Kunde ist König: Mittelpunkt aller agiler Methoden ist es, den Kunden zufriedenzustellen. Das heißt dessen Probleme und Erwartungen werden ins Zentrum aller agilen Methoden gerückt. Übrigens: Kunde kann in diesem Kontext wörtlich verstanden werden, oder aber unternehmensinterne Auftraggeber darstellen, die etwas in Auftrag gegeben haben.
- Der agile Arbeitsprozess findet immer im Team statt. Das Team organisiert sich selbst, arbeitet eng zusammen und handelt eigenverantwortlich. In der Regel wird eine Teamgröße von fünf bis acht Personen als optimal angesehen.
- Die Mitarbeit an einem Projekt sollte freiwillig sein, damit die Motivation hoch ist und bleibt. Erforderliche Tools sollten immer bereitgestellt werden, da fehlende Mittel und Ressourcen, den Erfolg schmälern können. Natürlich ist das nicht immer möglich. Dann sollte es aber auch kommuniziert und erklärt werden, um die Teammitglieder nicht zu frustrieren, sondern weiterhin zu motivieren. Transparenz ist also unverzichtbar.
- Von den Mitgliedern eines Teams werden konkrete messbare Ziele oder Meilensteine festgelegt. Die Aufgaben, die zum Erreichen der Ziele erfüllt werden müssen, werden priorisiert und Schritt für Schritt abgearbeitet.
- Ohne regelmäßige Meetings geht es nicht. Um transparent zu bleiben, muss der Entwicklungsstand regelmäßig geprüft und davon abhängige, weitere Schritte abgeleitet oder gegebenenfalls neu definiert werden.
- Jedes agile Team kontrolliert seine Fortschritte selbst.
Seit wann gibt es agiles Arbeiten?
Nun, man kann natürlich ketzerisch sagen: „Schon ewig“, denn auch ein Hausbau ist beispielsweise agil. Aus wissenschaftlicher Sicht betrachtet jedoch, wurden erste Thesen und Diskussionen zum agilen Arbeiten in den 50er und 70er Jahren veröffentlicht. Das sogenannte „Agile Manifest“ wurde 2001 publiziert. Es bezieht sich vor allem auf die Arbeit von Software-Entwicklern, die nach Möglichkeiten suchten, komplexe IT-Projekte zu organisieren. Daraus sind die Grundprinzipien agilen Arbeitens entstanden.
Warum agil?
Was sind die Vorteile von agilem Arbeiten?
- agiles Arbeiten ist sehr effizient
- im Rahmen agiler Prozesse kann man auf Veränderungen schnell reagieren
- ein Produkt oder ein Zustand verbessert sich stetig; schnelle Zwischenlösungen führen dann zum finalen Ergebnis
- qualifizierte und motivierte Mitarbeiter sehen schnell Ergebnisse ihrer Arbeit und bleiben dadurch motiviert
Achtung: Voraussetzung hierfür ist, dass ein Unternehmen Agilität fördert und einführt, ohne sie zu erzwingen. Denn ohne die Mitarbeiter geht es nicht. Das heißt für Führungskräfte, Vertrauen zu schenken und Kontrolle abzugeben und für Mitarbeiter, Verantwortung zu übernehmen und Teamarbeit zu leben.
Was sind die Nachteile von agilem Arbeiten?
- Das Endprodukt oder auch die End User Experience stehen in der Regel nicht im Fokus der Arbeit des agilen Teams. Je nachdem wie komplex der Weg zum Endprodukt ist, kann man sich mit agilen Zwischenlösungen auch verzetteln.
- In traditionellen und konservativ geführten Konzernen kann das agile Arbeitsprinzip mit den formellen Standardprozessen des Unternehmens kollidieren. Agiles Handeln der Mitarbeiter funktioniert selten in Einklang mit Vorgaben und ständiger Kontrolle von oben.
- Manche Mitarbeiter wollen lieber Vorgaben von oben erfüllen und fühlen sich nicht wohl mit zu viel Verantwortung.
Agil werden
Wie führt man agiles Arbeiten im Unternehmen ein?
Die Einführung agiler Methoden im Unternehmen ist ein Lernprozess für alle Beteiligten. Daher greifen viele Unternehmen auf externe Beratung zurück. Agile Organisationsstrukturen müssen sich langsam entwickeln, ein Unternehmen muss sozusagen in sie hineinwachsen. Das dauert seine Zeit und ist gewissermaßen ebenfalls ein agiler Prozess.
Zuallererst sollte in Ihrem Unternehmen ein einheitliches Verständnis von Agilität geschaffen werden. Die meisten großen Unternehmen greifen bei der Einführung agiler Prozesse auf Mitarbeiter zurück, die sich bereits in der Vergangenheit durch ein hohes Maß an Eigeninitiative und Verantwortungsbereitschaft bemerkbar gemacht haben. Solche Mitarbeiter eignen sich gut für agile Teams.
In den ersten Schritten sollte sowohl die Personalabteilung als auch die Führungsebene begleitend und beobachtend, keinesfalls aber vorgebend, an den ersten Teammeetings teilnehmen. Die sogenannte Retrospektive, ein in der Regel alle zwei oder vier Wochen wiederkehrender Termin, eignet sich besonders dafür, weil dort besprochen wird, was gut und was weniger gut gelaufen ist.
Woraus besteht die Basis eines agilen Prozesses?
Diese drei Abläufe gehören in jeden agilen Prozess:
- Regelmäßige Meetings / Daylies: Sogenannte Stand-Up-Meetings, die in der Regel nicht länger als 15 Minuten dauern, können täglich stattfinden. Je nach Arbeitsthema und Bedarf der Gruppe, kann es aber auch ein einstündiger, wöchentlicher Termin werden. Im Team sollte besprochen werden, was jeder Einzelne für das Erreichen seiner Ziele braucht und was er tun kann, um die anderen zu unterstützen.
- Transparenz: An einer Kommunikationswand wird für alle Beteiligten verständlich dargestellt, wer an welchem Thema arbeitet, was erledigt und was noch offen ist. Wenn es Probleme gibt, die das Erledigen einer Aufgabe behindern, müssen diese dort festgehalten werden. Dafür wird in der Regel ein Kanban-Board verwendet. Dieses können Sie mithilfe einer Pinnwand und Post-Its selbst gestalten oder aber Sie arbeiten mit Planungstafeln.
- Retrospektive: Regelmäßig finden Meetings statt, in denen rekapituliert wird, was gut und was schlecht lief. Den negativen Aspekten sollte entgegengewirkt werden. Deshalb werden Verbesserungsansätze erarbeitet, die auch sofort umgesetzt werden sollten.
Wie funktioniert agiles Arbeiten im Projekt?
Gerade Projekte sind geeignet, um agile Arbeitsmethoden einfach mal auszuprobieren. Mit diesen Vorgehensweisen werden auch Ihre Projekte agiler:
- Schritt für Schritt: Teilen Sie das große Projekte in kleine Teilprojekte, auch Sprints genannt, deren Ergebnis veröffentlicht und deren Erfolg somit auch gemessen werden kann. Jedes Teilprojekt entspricht einer Aufgabe auf dem Kanban-Board. Wenn Sie bestimmte Teilprojekte in eine logische Reihenfolge bringen, weil sie aufeinander aufbauen, machen Sie übrigens schon automatisch eine Priorisierung für Ihren Projekt-Fahrplan oder die sogenannte Roadmap.
Übrigens: In einem Teilprojekt können weitere Aufgabenpakete stecken. Deshalb machen sich Projektmitglieder oft auch eigene kleine Kanban-Boards, um die Fortschritte ihrer persönlichen Aufgaben festzuhalten. - Flexibel bleiben: Damit Sie innerhalb des Projekts immer schnell auf geänderte Anforderungen eingehen können, wird auch immer nur das nächste, in manchen Fällen auch noch das übernächste Teilprojekt konkret durchgeplant. Alles, was danach kommen soll, ist zwar grob festgehalten, aber die Details sind noch nicht festgelegt.
- Perspektive wechseln: Bei allem, was im Projekt und im Teilprojekt geplant und ausgeführt wird, steht der Kunde oder Nutzer im Mittelpunkt. Stellen Sie sich immer Ausgangsfragen wie: „Wie kann ich meinem Kunden dabei helfen, dass er…“ So verliert niemand den Sinn und Zweck des Projekts aus den Augen.
Agile Methoden
Was ist ein agiles Management-Framework?
Ein agiles Management-Framework bauen Sie dann auf, wenn Sie sich sicher sind, dass Sie agile Arbeitsprozesse in Ihrer Firma einsetzen wollen. Das heißt, dem Aufbau eines Frameworks oder Rahmenwerks geht immer die Einführung agiler Methoden mit Pilotgruppen voraus. Diese können Ihnen dann beim Erstellen des Frameworks für Ihre Firma mit ihren Erfahrungen zur Seite stehen. Im Grunde gibt es zwei Methoden-Frameworks, die auch meistens beide zum Einsatz kommen: Scrum und Kanban. Gemeinsam mit Ihren Pilotgruppen legen Sie nun fest, in welchen Fällen, welches Rahmenwerk verwendet werden sollte.
In der Software-Entwicklung gibt es eine Reihe weiterer Methoden, die sich ganz speziell auf diesen Arbeitsbereich beziehen. Sie eignen sich weniger für die Anwendung auf andere Bereiche wie Marketing, Produkt- oder Contentmanagement.
Was versteht man unter der Scrum-Technik?
Scrum bedeutet zu Deutsch so etwas wie Rummel oder Gedränge. Das macht Sinn, denn Scrum basiert auf der Annahme, dass Projekte generell meist so komplex sind, also so viel los ist, dass es schwerfällt, von Anfang an einen vollumfänglichen Projektplan bereitzustellen. Deshalb setzt die Scrum-Methode dem Rummel ein kleines, intensiv miteinander zusammenarbeitendes Team entgegen. Dieses verlässt sich darauf, die Teilaufgaben eines Projekts schrittweise aufeinander aufzubauen (inkrementell), zu wiederholen (iterativ) und auf die dabei gemachten Erfahrungen zurückzugreifen (empirisch).
Die Scrum-Methode fußt auf drei Grundprinzipien: Transparenz, Überprüfung und Anpassung. Das heißt, dass alle immer über den Projektstand informiert sind, auch über mögliche Probleme, die den Fortschritt verhindern könnten. Regelmäßig wird geprüft, ob die geplanten Arbeitsschritte noch sinnvoll sind. Und gegebenenfalls wird der Entwicklungsplan an neue Anforderungen angepasst.
Im Scrum besteht ein großes Projekt aus vielen Teilprojekten. Innerhalb eines Teilprojekts müssen Aufgaben erfüllt werden. Diese Aufgaben werden über einen festen Zeitraum hinweg, den sogenannten Sprint, vom ausführenden Team abgearbeitet.
Damit die regelkonformen Abläufe innerhalb eines Scrum-Prozesses eingehalten werden können, gibt es fest definierte Rollen innerhalb des Scrum-Teams.
Welche Rollen gibt es in einem klassischen Scrum-Projekt?
In der Software-Entwicklung gibt es fünf typische Rollen, die für den Erfolg eines agilen Projekts immer vertreten sein sollten:
- Scrum-Master: ist quasi der Hüter des agilen Rahmenwerks. Gleichzeitig ist er Ansprechpartner für sein Entwicklungsteam. Er kennt die Hintergründe und Zusammenhänge eines Projekts, berät das Team und versucht unnötige Beeinträchtigungen von außerhalb von diesem fernzuhalten. Sein wichtigster Sparringspartner ist der Product Owner. Gemeinsam mit diesem legt er die Aufgaben innerhalb eines Teilprojekts fest.
- Product Owner: legt die Teilprojektziele in sogenannten Sprints für das Projektteam fest. Dabei muss er sicherstellen, dass alle Beteiligten die Anforderungen verstehen. Weil er die Verantwortung für das Projekt trägt, erstellt er auch die einzelnen Aufgaben-Pakete innerhalb eines Teilprojekts. Das heißt, der Product Owner priorisiert, welche Aufgabe am wichtigsten ist und welche später noch gemacht werden kann.
- Subject Matter Expert: ist quasi die Person, die das Wissen zu bestimmten Themen hat. Und da nicht immer nur eine Person alles weiß, sondern viele Personen Verschiedenes wissen, spricht man im agilen Projektmanagement auch von der sogenannten Subject Matter Group. Die Mitglieder dieser Gruppe sind meist diejenigen, die Anforderungen an den Product Owner stellen, der diese dann aufnimmt, mit dem umsetzenden Team bespricht und priorisiert.
- Business Owner: ist derjenige, der ein Projekt überhaupt erst ermöglicht. Er ist sozusagen "Hauptsponsor". Die Verantwortung gibt er jedoch an den Product Owner ab. Dieser muss sich dann an den Business Owner wenden, wenn er weitere Unterstützung – meist finanzieller Natur – benötigt.
- Entwickler-Team: sind die Leute, die tatsächlich am Projekt arbeiten. Sie setzen die Anforderungen, die der Product Owner vorab priorisiert hat, um.
Was bedeutet Kanban?
Mit Kanban können Sie die Anforderungen, die an Ihr Projektteam gestellt werden, sichtbar machen, priorisieren und den Fortschritt beim Abarbeiten dieser Anforderungen abbilden. Jede Aufgabe wird auf einer Karte festgehalten.
Ablauf:
Sie beginnen damit, alle Karten in einer Spalte zu parken: das sogenannte Backlog oder Ihre To-Do-Liste, die erst im nächsten Schritt priorisiert werden muss.
In der Spalte daneben organisieren nur noch die priorisierten Anforderungen, die als erstes erledigt werden sollen. Nennen wir sie mal „zu bearbeiten“.
Jeder Mitarbeiter im Team bekommt nun eine dieser Aufgaben. Meist entscheiden die einzelnen Team-Mitglieder für sich selbst, welche Aufgabe sie übernehmen werden.
Wenn eine Aufgabe abgeschlossen ist, wird die Karte von „zu bearbeiten“ in die nächste Spalte „erledigt“ geschoben.
Wenn zu viele Karten in „zu bearbeiten“ hängen bleiben, ist dies für alle sichtbar und man kann sofort einschreiten und Lösungen herausarbeiten, die für die Umsetzung der Aufgabe nötig sind.
Übrigens: Jedes Projekt besteht im Grunde aus Einzelaufgaben oder Arbeitspaketen. Deshalb ist die Kanban-Methode eine Methode, die Sie für alle Projekte nutzen und mit anderen Methoden vereinen können.
Was ist der Unterschied zwischen Scrum und Kanban?
Grundsätzlich haben beide Rahmenwerke ähnliche Prozesse. Scrum allerdings ist stärker reglementiert. Das heißt, die Abläufe sind verpflichtender. Erteilte Rollen innerhalb eines Teams bringen einen höheren Grad an Verantwortung mit sich und kommunizierte Deadlines sind nicht verhandelbar. Kanban ist im Gegensatz dazu etwas freier. Hier geht es mehr darum, Transparenz zu bieten. Eine Arbeitsaufgabe kann auch mal unbearbeitet in die Folgewoche rutschen, ohne dass dadurch eine komplette Neu-Priorisierung notwendig wird. Kanban ist also informativer, aber auch etwas "unorganisierter" als Scrum.
Hinweis: In vielen Unternehmen werden häufig Mischformen aus Scrum und Kanban genutzt. Diese entwickeln sich automatisch aus agilen Arbeitsschritten heraus. Und auch dafür gibt es mittlerweile einen Namen: Scrumban.